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Civitas Anonymus
Der Profikiller
- (Übergang aus einer anderen Episode. Vom Radio zum Autoradio.
- Schwenk nach links. Man sieht zwei Hände in Großaufnahme.
- Die Hände ziehen sich sorgfältig zwei schwarze Lederhandschuhe an
- und verlassen dann das Auto. Die Kamera folgt dem Mann,
- der ab sofort nur noch als "der Killer" beschrieben wird.
- Man sieht den Mann von hinten, jedoch nur den Rücken und die Beine,
- nicht den Kopf. De Arme mit den schwarzen Handschuhen hängen herab.
- Der Mann geht in ein Haus und tritt an die Tür. Schnitt.
- Man sieht einen der beiden Lederhandschuhe an die Tür klopfen.
- Jemand öffnet die Tür. Der Mann, den man wieder von hinten sieht,
- ohne seinen Kopf zu sehen, tritt die Tür ganz auf.
- Der rechte schwarze Handschuh zieht blitzschnell eine Waffe aus
- seinem Rücken. Man hört einen Schuß und der Jemand, dessen Kopf
- man auch nicht sieht, fällt zu Boden. Stille.
- Die Kamera neigt sich nach unten und zeigt den Jemand, der nun tot
- zu Füßen des Killers liegt.
- Die Kamera neigt sich nach oben und zeigt den Killer von Fuß bis Kopf.
- Der Killer dreht sich zur Kamera um: Man sieht zum ersten mal
- das Gesicht des Killers.
- Der Killer berührt mit dem Finger seine Lippen, als wolle er dem
- Zuschauer sagen, daß er über dieses Ereignis stillschweigen
- behalten soll. Dann winkt er mit dem linken Lederhandschuh
- die Kamera hinter sich her.
- Der Killer betritt die Wohnung, die Kamera folgt ihm.
- Er geht durch die Wohnung. Im Wohnzimmer stöbert er
- einen weiteren Mann auf, der ängstlich dreinschaut und ein
- Fleischermesser als Schutz vor sich hinhält.
- Der Killer erschießt den Mann ohne zu zögern aus der Ferne.
- Der Mann sackt tot auf der Wohnzimmercouch zusammen. Der Killer
- steckt seine Waffe weg, setzt sich neben den toten Mann,
- zündet sich eine Zigarette an und beginnt zu erzählen: )
- Killer: Entsetzt?
- Ich wüßte gar nicht warum.
- Es war nur ein Job. Ein Job, wie jeder andere auch.
- Ich bin Profikiller.
- Schon seit eineinhalb Jahren.
- Ich finde diesen Job faszinierend. Jeder Tag ist anders.
- Man sieht sich immer neuen Problemen gegenübergestellt und muß
- sie alle lösen.
- Für mich ist Killer ein Traumjob.
- Nehmen sie sich doch einmal ein paar Sekunden Zeit und denken sie
- darüber nach.
- (Pause)
- Ich hab vor zwei Jahren mein Abi gemacht.
- Das war eine scheiß Situation. Auf einmal war die Schule zuende
- und ich stand auf der Straße.
- Ich hatte die Wahl.
- Ich hätte studieren können. Aber auf die Uni wollte ich auf
- keinen Fall. Warum?
- Ich hasse Studenten.
- Nein wirklich, ich hasse sie aus vollem Herzen.
- Die philosophierenden Ökos, die nur noch in Abkürzungen und
- Fachausdrücken leben.
- "Ich geh jetzt in die Cafete und lerne Mawi."
- Aaaahh. Ich hasse das . Das Ding heißt Cafeteria, nicht Cafete.
- Wer an die Uni geht, sollte in der Lage sein ein Mehrsilbiges Wort
- auszusprechen.
- Nein, ich wollte nicht an die Uni.
- Ich glaube, hauptsächlich, weil ich es nach 13 Jahren satt hatte
- etwas zu lernen.
- Also blieb mir nur noch die zweite Möglichkeit: eine Lehre.
- - Arbeit.
- Ich sollte für den Rest meines Lebens von acht bis fünf im Büro sitzen?
- Das wäre wie wenn ich mich jetzt der Polizei stelle und freiwillig
- in den Knast gehe.
- Nein. Keine Lehre.
- Aber ich brauchte Geld um zu leben.
- Viel Geld, um gut zu leben.
- Und da kam mir diese Idee, die so unglaublich simpel,
- und doch so genial war.
- Ich werde Profikiller. - ein absoluter Traumjob.
- Überlegen sie mal. So cool wie Vincent Vega, ein Mann,
- der alle Weiber kriegt. Ein Mann wie Léon, der Profi.
- Ein Mann, der in der Gesellschaft lebt, aber total unabhängig
- von der Gesellschaft ist.
- Ein Mann, der tun und lassen kann was er will.
- Der seine Arbeitszeit frei bestimmt, gesund lebt, täglich seine Milch
- trinkt und seinen Körper stählt.
- Er bestimmt was er wann tut.
- Ein Leben in der Anonymität, ohne Verpflichtungen und Zwänge,
- unabhängig von allen anderen Menschen.
- Und trotzdem macht er soviel Geld, daß er gut damit leben kann.
- (Pause)
- Die totale Freiheit.
- Freier als irgendein Mensch sonst auf dieser Erde.
- Es war genial.
- Ja, ich wollte so werden wie Léon der Profi.
- (Pause)
- Na ja, vielleicht nicht so dumm wie Léon der Profi.
- (Pause)
- Mein Plan stand also fest. Ich wollte Profikiller werden.
- Doch wie wird man Profikiller?
- Das ist gar nicht so leicht.
- Bei wem bewirbt man sich denn als Profikiller?
- Ich meine, da kann man keine Bewerbungen schreiben.
- Ich kann auch nicht aufs Arbeitsamt gehen und sagen ich will
- Profikiller werden, finden sie ne Stelle für mich.
- Man kann auch keine Annonce in der Zeitung aufgeben.
- "Sie wollen jemanden umbringen und können es nicht? Rufen sie mich an,
- ich mach's für sie! Telefonnummer 067493" und so weiter.
- Also stand ich nun da.
- Ich hatte meinen Traumjob, aber keine Idee wie ich zu dieser
- Arbeit kam.
- (Schnitt. Man sieht den Killer die Straße entlanggehen. Der Killer erzählt weiter.)
- Killer: Ja, so war das. Ich hatte meinen Traumjob gefunden,
- konnte ihn aber nicht ausüben.
- (Der Killer geht in sein Haus.)
- Killer: Ja, und wie das manchmal so im Leben läuft, klopfte genau
- in diesem Augenblick das Glück an meine Tür.
- (Man sieht eine Faust, die an die Tür des Killers klopft.
- Der Killer öffnet die Tür und die Faust haut ihm eine volle Kanne
- auf die Nase.
- Der Killer geht zu Boden und der Besitzer der Faust betritt
- des Killers Wohnung und schließt die Tür hinter sich. Schnitt.)
- (Der Killer sitzt auf einem Stuhl und hält sich einen Eisbeutel
- auf die Nase. Blut läuft an seinem Mund entlang.
- Drei Männer stehen um ihn herum.)
- Killer: (erzählt) Ich hatte zu dieser Zeit viel mit Sportwetten zu tun.
- Genaugenommen war ich derjenige, der wettete.
- Ich stand ziemlich tief in der Kreide und der Chef höchstpersönlich
- kam mich besuchen, um über die Form der Ratentilgung mit mir zu
- diskutieren.
- Pate: Wo ist mein Geld.
- Killer: Das habe ich momentan noch nicht.
- Pate: Oh. Das ist schlecht. Ich fürchte, dann wird Jonny dir
- weh tun müssen.
- (er schaut den Mann, der rechts vom Killer steht, an.
- Dieser Mann schlägt den Killer in den Magen.)
- Killer: (nachdem er sich wieder gefangen hat.)
- Ich besorg's ihnen. Das schwöre ich.
- Ich hatte doch nur Pech. Wer hätte gedacht, daß Bayern verliert.
- Wenn sich Mario Basler, dieser Penner, nur angestrengt hätte...
- Ich meine immerhin hängen von seiner Leistung Menschenleben ab.
- Pate: Jonny.
- (Der Killer schaut den Mann links von ihm an, der Mann links
- vom Killer schlägt ihn.)
- Killer: Ich dachte das wäre Jonny.
- Pate: Das ist auch Jonny.
- Wir alle heißen hier Jonny.
- Killer: Sir, kann ich meine Schuld nicht abarbeiten?
- Pate: Abarbeiten?
- Killer: Ja. Brauchen sie nicht einen Mann, der für sie Menschen
- aus dem weg räumt, die ihnen unangenehm geworden sind?
- Pate: (interessiert) Und du glaubst das erledigen zu können?
- Killer: Ich wäre ein guter Killer.
- Geben sie mir nur eine Chance.
- (Schnitt. Der Killer, wie er die Zigarette neben seinem toten Opfer
- raucht.)
- Killer: Und ich bekam meine Chance.
- Und ich nutzte sie.
- Und ich liebe diesen Job.
- Gut, er hat auch Nachteile, zum Beispiel bekomme ich keine Rente.
- Ich bin auch nicht staatlich krankenversichert, weil ich nun mal
- keine Sozialversicherungsbeiträge bezahle, aber dafür bezahle ich
- auch keine Lohnsteuer und das wiederum ist ein Vorteil.
- Alles in allem ist Killer ein Traumjob!
- Es gibt nur einige Regeln, die man beachten muß.
- 1. Wenn man große Kaliber verwendet: gehe nicht zu nah an deine
- Opfer ran, sonst versaust du dich mit seinem Blut.
- 2. Seihe immer schneller als dein Opfer.
- Und 3. Wenn du sie umbringst:
- Mach es cool.
- (Schnitt. Der Killer geht langsam, ruhig, den Flur entlang.
- Er klopft an eine Tür. Eine Frau macht die Tür auf.)
- Killer: Dürfte ich bitte reinkommen?
- (Noch bevor die Frau antworten kann, zieht der Killer seine Waffe
- und hebt sie der Frau an den Kopf. Dann geht er in die Wohnung
- hinein.)
- Killer: Danke.
- (Er läßt die Frau stehen, geht weiter in die Wohnung hinein und
- sagt wie abwesend:)
- Killer: Tür zu.
- (Ohne dabei die Frau anzusehen. Er begutachtet die Wohnung.
- Im Wohnzimmer sieht er den Ehemann auf der Couch sitzen,
- er sieht fern.
- Der Killer zielt mit der Waffe auf ihn.)
- Killer: Sitzenbleiben.
- (Der Killer geht in das nächste Zimmer.)
- Plötzlich hört man zwei Schüsse. Die Wohnungstür wird aufgetreten.
- Hinein kommt ein Mann mit einer Knarre. Er hat einen blutigen Fleck
- auf dem Hemd, er ist offenbar angeschossen worden.)
- Opfer: (laut) Wo ist der Dreckskerl?
- (Nun folgt eine wilde Schießerei in der Wohnung. Wie diese genau
- verläuft wird bestimmt wenn man den Drehort (die Wohnung)
- festgelegt hat.
- Sie soll John Woo mäßig abgedreht werden, mit vielen schnellen
- Schnitten. (Mach es cool!)
- In der Schießerei folgt eine Pause, in der sich das Opfer
- und der Killer unterhalten.)
- (Der Killer liegt irgendwo verschanzt da und lädt nach.)
- Killer: (zu sich) Ich sollte mal wieder damit anfangen meinen Job
- ernster zu nehmen.
- (laut) Hey sie!
- Opfer: (brüllt zurück) Was willst du, du Arschloch.
- Killer: (ruhig) Es tut mir leid, daß sie noch leben, das war
- unprofessionell.
- Opfer: (laut) Halt die Klappe, du Arschloch!
- Killer: (ruhig) Wenn es ihnen nichts ausmacht, beende ich jetzt
- meine Arbeit.
- Opfer: (laut) Dafür mußt du mich erst mal kriegen du Dämon
- aus der Hölle.
- Aaah. (Schmerzensschrei wg. der Schußwunde)
- Killer: (ruhig) Es tut mir ja leid, daß sie Schmerzen haben.
- Normalerweise hätte die Sache schnell und schmerzlos laufen müssen.
- Zielen und erschießen, aber wissen sie ich bin letzter Zeit
- viel im Streß.
- Hier ein Auftrag, da ein Auftrag.
- Ich war wohl bei ihnen etwas unkonzentriert.
- Sorry.
- Opfer: (laut) Halt die Klappe du Wichser!
- Killer: (zu sich) Also bringen wir es zuende.
- (Die Schießerei geht weiter. Das Opfer ballert wie wild auf das
- Versteck des Killers. Der Killer verändert seine Position,
- für das Opfer unbemerkt und erschießt das Opfer.
- Die Hausbesitzer stehen total verstört in ihrer Wohnung herum.
- Bedenken Sie die Situation. Sie schauen sich in aller Ruhe
- Hans Meiser im Fernsehen an, es klingelt an der Tür und nächsten
- Moment hält ihnen jemand eine Pistole an den Kopf, in ihrem Haus
- ist eine riesen Schießerei und wenig später liegt ne Leiche
- auf ihrem Flur und das alles während noch immer Hans Meiser läuft.)
- Killer: (zur Frau) Wo ist das Telefon?
- (Die Frau zeigt wie geistesabwesend auf das Telefon.
- Der Killer geht zum Telefon und wählt.)
- Killer: Boss?
- Ich hab den Auftrag erledigt.
- Leider lief es nicht so glatt wie es sollte. Ich hatte da
- ein kleines Problem. Am besten gehen sie jetzt unter die Leute
- und verschaffen sich ein Alibi.
- Over.
- (Er hängt ein, und wendet sich der Frau zu.)
- Killer: (zur Frau) Würden sie mich bitte ins Wohnzimmer begleiten.
- (er geht ins Wohnzimmer, die Frau folgt ihm.)
- Killer: Danke.
- (Pause)
- Setzen sie sich.
- (alle Beteiligten setzen sich.)
- Hören sie. Es tut mir leid, daß sie das alles mitbekommen mußten.
- Das war wirklich nicht meine Absicht.
- Aber es war unvermeidlich.
- Sie hatten eben Pech.
- Ich nehme an, sie wissen schon was jetzt kommen wird und ich kann
- nichts daran ändern.
- Sehen sie, ich bin Profikiller. Und als Profikiller kann ich
- keine Zeugen gebrauchen.
- (er steht auf)
- Ich werde sie also leider umbringen müssen.
- Ich bedaure das sehr, weil sie eigentlich gar nicht auf meiner
- Liste standen und es eigentlich mein Fehler war, der sie da
- mitreingezogen hat.
- (er zieht seine Waffe und ladet sie.)
- Wenn sie das tröstet, sehen sie es einfach als Schicksal.
- Sie waren zufällig zur falschen Zeit am falschem Ort.
- Da kann niemand was dafür und das bedaure ich.
- Das ist wie wenn sie über die Straße gehen und von einem Auto
- überfahren werden.
- Das ist Schicksal. Sie hatten eben Pech, da kann man nichts machen.
- (Der Killer erschießt die Beiden.)
- (Schnitt. Der Killer sitzt wieder in der Wohnung,
- direkt neben der Leiche.)
- Killer: Ob ich kein Mitleid mit den Opfern habe?
- Nein.
- Ich könnte jetzt sagen sie haben alle etwas angestellt,
- worauf sie es verdient haben zu sterben,
- aber das ist es nicht. Ich mache es wegen dem Geld.
- Und Geld brauche ich um zu überleben.
- Wenn ich sie nicht umbringe, kann ich mir auch nichts zu essen
- kaufen.
- So einfach ist das. Schieß oder stirb.
- Aber wie dem auch sei: Alle meine Opfer haben gewußt warum ich komme.
- Sie haben sich alle mit Leuten angelegt, die nicht ganz koscher sind;
- und sie haben es alle gewußt.
- Und so eine ganz astreine Weste hatten sie auch nicht.
- Sie wissen alle warum ich komme und die meisten wissen auch
- wer ich bin.
- (Man sieht die Anekdote, die der Killer jetzt erzählt.)
- Ich kann mich erinnern, ich habe mal bei einem geklingelt
- und als er die Tür aufmachte und mich sah, sank er zu Boden,
- rollte sich zusammen wie ein Embryo und pisste sich in die Hose.
- Er wußte genau wer ich war und er wußte genau, daß es jetzt
- vorbei ist und er wußte auch genau warum.
- Ich erschoß ihn noch im Türrahmen.
- (Man sieht wie der Killer den Mann erschießt.
- Schnitt. Der Killer wieder in der Wohnung, neben der Leiche.)
- ...
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Lust auf mehr? Dann mailt mir hier
© Stefan Böhm
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