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Civitas Anonymus


Der Selbstmörder


(Vorher: Die Geschichte des Psychopathen. Dieser hat bei seiner Flucht,
die Psychologin mit einer Waffe bedroht. Schnitt.
(Das er die Flucht geschafft hat sieht man erst am Ende , wenn er dem
Mädchen begegnet.) Übergang: Man sieht die Waffe, wie sie nah an die Kamera hingeht.
Schnitt. Man sieht eine Waffe aus der Sicht eines Menschen ,
der sie sich an den Kopf hebt. (mit beiden Händen)
Man hört das Atmen dieses Menschen. Die Waffe geht vom Kopf (der Kamera)
weg, bleibt jedoch im Bild. Immer noch ist das schwere Atmen zu hören.)

Selbstmörder: Ich atme.... (Pause)
Immer noch.
Es ist schon komisch, wie die Dinge manchmal laufen.
Noch vor vier Monaten hätte ich mir nie träumen lassen, daß ich
jemals in so eine Situation komme.

(Die Waffe wird wieder an den Kopf (die Kamera ) gedrückt.)

Selbstmörder: Nur den Abzug drücken.
Und alle Probleme sind bereinigt.

(Lange Pause. Nichts passiert.
Schnitt. Man sieht den Mann. Er sitzt in seiner kleinen Wohnung,
die dreckig und unaufgeräumt ist. Die Körperpflege des Mannes
könnte auch besser sein und alles in allem kann nichts über den
Eindruck hinwegtäuschen, daß der Lebenswille dieses Mannes
erloschen ist.
Die Waffe hält er noch immer in seiner Hand, doch sein Arm hängt
schlaff am Boden.)

Selbstmörder: Warum kann ich es nicht? (Pause)
Vier Monate. Noch vor vier Monaten war alles in Ordnung.
Jetzt in einer halben Stunde ist alles vorbei. (Pause)
Ich hätte es kommen sehen müssen.
Ich hätte es kommen sehen müssen wenn ich ein gottverdammter
Hellseher gewesen wäre.
Oder eine Frau.
Ich glaube seit Beginn der Menschheit haben die Männer versucht
die Frauen zu verstehen. Ohne es jemals geschafft zu haben.
Wie soll man auch? Ihre Gedankengänge sind so kompliziert,
so unlogisch, so irrational.
Na ja. Wie auch immer. Der ganze Ärger begann vor vier Monaten.

(Schnitt. Man sieht den Mann wie er gerade in sein Haus geht.
Stromausfall. Das Bild wird in totales Schwarz gehüllt.
Man hört das Atmen des Mannes.)

Selbstmörder: (nur zu hören) Mich traf es wie aus heiterem Himmel.
Ich schätze mal jeder hat es gewußt, aber wie das nun mal so ist
im Leben, die wichtigsten Sachen im Leben erfährt man immer als
letztes.
(Das Licht geht wieder an.)
Selbstmörder: (ruft ins Leere) Mary! Zuckerschnute! Ich bin wieder da.

(Stille)

Selbstmörder: Ich bin früher da. Wenn du Lust hast, können wir noch
die Kopfkissen durchwühlen.
(Stille)
Selbstmörder: Schatz?
(Stille)
Selbstmörder: Verdammt, wo ist sie?

(Der Mann geht durch die Wohnung auf der Suche nach seiner Frau,
dabei hört man die Stimme des Mannes, als Erzähler.)

Selbstmörder: (nur zu hören) Sie durchwühlte bereits die Kopfkissen.

(Der Mann sieht durch das Fenster zum Nachbarn herüber. Schnitt.
Man sieht wie im Garten des Nachbarhauses eine nackte Frau
herumrennt. Man sieht ihren Körper nur als Silhouette.
Schnitt. Man sieht den Mann am Fenster stehen.)

Selbstmörder: Ich glaub's nicht. ´Ne nackte Frau.

(Der Mann rennt ins Wohnzimmer und beginnt in Schubladen herumzukramen.)
Selbstmörder: Mein Nachbar hat 'ne Frau aufgerissen, und die rennt
nackt durch seinen Garten.
Verdammt, wo ist das Fernglas? (Pause)
Na also.

(Der Mann hat sein Fernglas in der Nachttischschublade gefunden,
man sieht die Hände mit denen er es ungeduldig herausholt.
Die Hände verlassen das Bild und die Kamera zoomt auf das Foto
einer Frau, das auf dem Nachttisch steht. Offensichtlich seine Frau.
Man hört den Mann reden.)

Selbstmörder: (nur zu hören) Warum sind wir Männer nur so geile Böcke,
daß wir jeder nackten Brust hinterher gieren müssen?
Hätte ich mich damals ins Bett gelegt, müsste ich mir heute nicht
die Pistole ins Gesicht halten.
Diese Frau bei meinem Nachbarn im Garten...

(Schnitt. Man sieht wie durch ein Fernglas schauend dieselbe Frau,
wie auf dem Foto, nur ist sie jetzt nackt und rennt durch den
Nachbargarten, dabei hört man den Mann:)

Selbstmörder: (nur zu hören) ... ist meine Frau.

(Man sieht nach wie vor die Frau im Nachbargarten)
(Schnitt. Man sieht den Mann in seiner verwahrlosten Wohnung.)

Selbstmörder: (nur zu hören) Die Scheidung war... Eine Sekunde mal.

(Der Mann hebt sich wieder die Pistole an den Kopf,
er beginnt tief zu atmen, als wollte er die letzten Züge seiner
Lungen noch einmal voll genießen. Dann hält er die Luft an. Stille.
Nichts passiert. Er läßt die Waffe wieder sinken.)

Selbstmörder: (nur zu hören) Ach scheiß drauf. Wo war ich?
Ach ja, die Scheidung war ganz einfach. Sie bekam alles und ich
bekam nichts. Sie bekam das Haus - mein Nachbar ist zu ihr gezogen;
das Haus ist ja zu groß für eine Person - ich bekam diese Bruchbude.
Sie bekam das Auto - sie verkaufte es, weil sie meistens das Auto
meines Nachbarn nimmt - ich habe jeden Morgen philosophische
Unterhaltungen mit Willi, dem Busfahrer.
Außerdem muß ich sie noch jeden Monat mit 1000 Mark aushalten.
Und ich wette, wenn wir Kinder gehabt hätten, hätte ich die Bälker
am Hals gehabt.
Wenn ich am Ende eines Monats, nach harter Arbeit, meinen Gehaltscheck
bekomme, und sich der Staat, die Kirche und meine Frau bei mir bedient
haben, bleibt für mich noch, nach Abzug von Miete, Wasser, Strom:
217,50 DM zum Leben.
Eindeutig zu wenig, wenn ich unter dem Monat noch etwas zum Essen will.
Ich bin also ruiniert.
Einsam und pleite.
Aus diesem Grund hab ich mir gedacht: Was soll's. Dann kann ich mich
ja gleich umbringen.

(Schnitt. Man sieht den Mann die Straße entlang laufen.
Vielleicht läuft er gerade an zwei Menschen vorbei, dessen Geschichte
vorher bereits erzählt wurde.
Der Mann geht in ein Waffengeschäft. Schnitt. Inside.)

Selbstmörder: Guten Tag. Ich hätte gerne eine Waffe.
Verkäufer : Was darf's denn sein? Pistole, Revolver, Gewehr,
Flammenwerfer?
Selbstmörder: Ich glaube eine Pistole wäre OK.
Verkäufer : Also wir hätten da eine Baretta 9mm.
Die liegt wunderbar in der Hand, ist sehr leicht und hat praktisch
keinen Rückschlag.
Selbstmörder: Schön.
Verkäufer : Eine wunderschöne Waffe. Beachten Sie mal wie der Griff
geformt ist.
Selbstmörder: Was kostet sie?
Verkäufer : 129 Mark.
Selbstmörder: (überrascht, empört) 129 Mark!
Verdammt ist das teuer.
Verkäufer : Aber sie ist es wert.
Selbstmörder: (zu sich selbst) Verdammt woher soll ich 129 Mark nehmen?
(zum Verkäufer) Haben sie nichts billigeres?
Verkäufer : Die Pistolen liegen alle in dieser Preiklasse.
Aber auf der Baretta 9mm gibt es drei Jahre Garantie.
Selbstmörder: Hören Sie, ich brauch die Pistole eigentlich gar nicht
so lange. Gibt es nicht eine Möglichkeit, daß ich sie für nur einen
Monat leasen kann?
Verkäufer : Die Pistole leasen?
Selbstmörder: Ich brauch sie wirklich nicht lange.
Verkäufer : Das ist völlig ausgeschlossen. Sie können keine Pistole mieten.
Selbstmörder: Sie Könnten sie morgen schon wiederhaben.
Verkäufer : Das geht nicht. Entweder sie kaufen sie, oder sie lassen es.
Selbstmörder: (nach langem überlegen) Also gut. Dann nehm ich sie.
(Der Verkäufer Packt die Pistole ein.)

Selbstmörder: Ich wußte gar nicht, daß Selbstmord so teuer ist.
Verkäufer : Sie bekommen sogar noch 12 Schuß Munition dazu.
Selbstmörder: Danke, das ist mehr als genug.

(Der Mann nimmt die Pistole und ist dabei den Laden zu verlassen.
Der Verkäufer ruft ihm hinterher.)

Verkäufer : Sie wird mit Sicherheit ihr Leben lang halten.
Selbstmörder: (ohne sich umzudrehen) Darauf wette ich.

(Schnitt.)
(Man sieht den Mann, wie er vor dem Fernseher sitzt.
Der Raum ist dunkel, die einzigste Lichtquelle ist der Fernseher.
In ihrem Lichtkegel sitzt der Mann und steckt sich die Pistole
in den Mund. Man hört den Mann sprechen.)

Selbstmörder: (nur zu hören) 129 Mark.
Ich bezahle 129 Mark, nur um mich umbringen zu können.
Ein verdammt teurer Tod. Doch das beste war: Ich konnte es nicht.
Es gibt eine letzte Grenze, die man überschreiten muß, um sich
umzubringen.
Wenn man die Pistole in seinem Mund hat und den Widerstand
des Abzugs spürt.
Alles was man tun müsste ist ein letztes bißchen Kraft aufbringen,
um den Abzug zu drücken.
Man spürt den Widerstand des Abzugs und einem wird klar:
noch dieser letzte Kraftaufwand und es ist vorbei.
Und irgendetwas in mir will diesen letzten Schritt nicht gehen.
Irgendetwas in mir sieht noch einen Funken Sinn in meinem Leben;
und sei es nur die Hoffnung, daß es besser werden könnte.
Doch dieses etwas ist nur unterbewußt und mein Bewußtsein,
mein Verstand sagt mir: Bring es zuende.

(Pause. Nichts passiert. Der Mann nimmt die Waffe aus seinem Mund,
legt sie beiseite, nimmt die Fernbedienung des Fernsehers
und schaltet um.)

Selbstmörder: (nur zu hören) Wenn ich es also selbst nicht
fertig bringe mich zu erschießen, muß ich mir eben etwas anderes
einfallen lassen.

(Schnitt.)


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© Stefan Böhm