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- Minority
Report
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- Start: 03.10.
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Ein Freund von mir erzählte mir einmal eine kleine
Geschichte aus seinem Leben. Er saß mit seiner Freundin zusammen und die beiden
wollten sich einen Film auf Video reinziehen. Der Film hieß „Jerry McGuire“ und
mein Freund war nicht begeistert von der Auswahl. Er hasst Tom Cruise-Filme. Auf die
Frage Warum? Antwortete er seiner Freundin: Weil die Filme alle gleich sind.
Cruise spielt einen erfolgreichen Mann, dem nur eine Frau fehlt. In der Mitte
des Filmes kommt der Umbruch und er ist ganz unten. Dann zieht er sich am
eigenen Schopf aus dem Schlamassel heraus und am Ende ist er der strahlende
Sieger und gewinnt auch noch die Frau.
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Keine Ahnung ob das ein auf Tom Cruise zugeschnittenes
Konzept ist, oder einfach nur das Standardrezept für Mainstream Filme und
Cruise eben nur Mainstream macht, aber auf jeden Fall ist mit dieser Theorie
eins bewiesen: Minority Report ist ein Tom Cruise Film.
Und genau das ist schade, denn die Möglichkeiten in diesem
Film wären vielseitiger gewesen.
Die Vorlage von Phillip K. Dick, dem Visionären, der schon die Vorlagen
für hintergründige Science-Fiction Filme wie Blade Runner oder Total Recall
(den untypischsten Schwarzenegger-Film) abgegeben hatte, und der auch in
Minority Report einen gute, clevere Story ablieferte.
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Die Kamera von Janusz Kaminski ist großartig und die beklemmende
Inszenierung von Spielberg ist, und das meine ich als Kompliment, Spielberg
untypisch. (Der Mann hatte mich schon bei seinem letzten Film angenehm
überrascht und zeigt nun wieder sein Talent, dass er zweifellos immer hatte,
nur in den letzte Jahren zu selten abrief). Die Effekte sind beängstigend gut,
nicht weil sie etwas zeigen was noch nie da gewesen ist, sondern weil man bis
auf eine Szene, nie als ersten Gedanken hat: „Oh Computeranimiert.“ Wenn man
den Film mit den früheren Dick Verfilmungen vergleicht, so wird einem bewusst,
wie sehr man mittlerweile die Zukunftsvisionen von Dick zum Leben erwecken
kann, ohne das sie künstlich und weit entfernt wirken
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Der Film hätte ein Meilenstein des Kinos sein
können, wenn: ja wenn Spielberg eben nicht Spielberg wäre und gewusst hätte
wann er hätte aufhören sollen.
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Die Story: John Anderton (Cruise) ist Cop im
Precrime Ministerium. Eine Einheit, die Morde vorhersehen kann, bevor sie
geschehen. Die Vorhersagen kommen von drei Medien, die Kinder von
Drogenabhängigen sind und dadurch diese medialen Fähigkeiten erlangt haben.
Anderton ist der Star der Truppe, ist seine Motivation doch größer, als die
seiner Kollegen. Denn Anderton verlor seinen sechs Jahre alten Sohn durch Mord,
worüber er nie hinweg kam, weshalb auch seine Ehe scheiterte.
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Precrime ist zu dieser Zeit noch ein Experiment und
es wird geprüft, ob es bald landesweit eingesetzt werden soll, dazu wird
Detective Witwer (Colin Farrell) zur Untersuchung der Methode zu Anderton geschickt, der zwei berechtigte
Fragen aufwirft. Kann man jemanden wegen eines Verbrechen, dass er noch nicht
begangen hat, verhaften? Wird das Verbrechen auch wirklich begehen, wenn er
weiß, dass er zum Mörder wird und was ihm dann blüht?
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Und: Gibt es einen Fehler im System? Kann es sein,
dass Vorhersagen falsch sind?
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Anderton hält beides für unmöglich, solange bis er
selbst als zukünftiger Mörder von den Medien vorausgesagt wird.
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Durch seine Position erhält Anderton selbst die
Vorhersage früh genug, um vor seinen Kollegen fliehen zu können.
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Auf der Flucht sucht er nach der Wahrheit, einem
Komplott, dem Fehler im System. Denn er kann unmöglich ein Mörder sein,
immerhin kennt er sein Opfer noch nicht einmal. Und so sucht Anderton auf
seiner Flucht nach der Wahrheit. Und ohne es zu wissen, und ohne etwas daran
ändern zu können , steuert er dabei auf seinen zukünftigen Mord zu.
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Wer den Film noch nicht gesehen hat und ihn
genießen will, sollte hier besser aufhören zu lesen. Für alle anderen erkläre
ich nun wann und warum meiner Meinung nach Spielberg hätte besser seine
Geschichte enden lassen.
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Eines ist klar: die Story hat kein Happy End
verdient, steuert nie auf ein Happy End zu. Anderton ist ein Mensch der aus
Rache Menschen für Morde verhaftet, die sie noch nicht begangen haben. Niemand
kann wirklich sagen , ob sie sie jemals begangen hätten. Fehler im System, in
der Vorgehensweise, lehnt Anderton kategorisch ab. Das Schicksal der „Mörder“:
den Rest ihres Leben in einer ein Meter breite Säule, mit einer Kopfschelle,
die einem aus der Realität reißt, zu verbringen, lässt ihn kalt. Und zwar genau
so lange, bis er selbst ein Mörder sein soll. Von da an versucht er dem
Schicksal zu entfliehen, das er selbst so vielen Menschen bereitet hat. Er
versucht Fehler zu finden, die er zuvor als nicht vorhanden definierte, und die
einfach nicht da sind. Anderton begeht den Mord, ohne sich dagegen wehren zu
können, einfach weil es sein Schicksal und seine Zukunft ist. Hier wäre die
erste Möglichkeit gewesen, den Film enden zu lassen. Der Zuschauer hofft den
Helden die Wahrheit finden zu lassen, doch die ist einfach nicht da. Die
Wahrheit ist: Anderton wird zum Mörder, ohne dass er etwas dagegen tun kann.
Das wäre ein gutes Ende gewesen.
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Spielberg aber lässt den Film weiterlaufen und deckt
tatsächlich ein Komplott auf. Eine Möglichkeit mit Mord durchzukommen, kein
Fehler im System – die Vorhersagen sind alle richtig – aber doch eine Lücke,
wie man morden kann, ohne erwischt zu werden.
Anderton wird schließlich für den Mord, den begangen hat, verhaftet. Mit
dem Wissen, dass man der Zukunft nicht entfliehen kann, mit dem Wissen, dass
jeder zum Mörder werden kann, mit dem Wissen, dass das System nicht unfehlbar
ist, mit dem Wissen, dass auch Precrime Mord nicht verhindern kann und somit
auch Precrime nicht dafür sorgen kann, dass andere Väter nicht auch ihre Söhne
durch Mord verlieren können. Und dieses ganze Wissen nimmt Anderton mit in
seine Säule, in der er den Rest seines Lebens verbringen wird, der Realität
entrückt und ohne eine Möglichkeit sein Wissen anderen Menschen preis geben zu
können.
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Das wäre eine richtig gutes Ende gewesen!
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Doch Spielberg macht weiter und konstruiert ein
Happy End. Was danach kommt ist langweilig und überflüssig. Die letzten 15
Minuten geben keine Information preis, die der Zuschauer, sofern er aufmerksam
zugesehen hat, nicht schon längst weiß. Anderton wird von seiner Frau befreit,
stellt den Drahtzieher des Komplotts, löst das Komplott auf, dass schon längst
aufgelöst wurde, und sorgt für die Abschaffung des Fehlerhaftes Systems - Happy
End eben.
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So sieht man am Ende Anderton wieder zusammen mit
seiner Ex-Frau, die mittlerweile schwanger ist. - Betonung auf dem Nebensatz !-
und das obwohl sie nur eine kleine Nebenrolle im Film spielt, es nur eine
gemeinsame Szene der beiden gibt und keine Hinweise im Film vorhanden sind,
dass Cruise sie zurückgewinnen will.
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Mir drückt es mittlerweile die Speiseröhre hoch,
aufgrund dieses Endes, und der Drang zu kotzen wird immer größer, doch eins
wird mir in diesem Moment bewusst: Mein Freund - an dieser Stelle Grüße nach
München - hat recht was seine Theorie über Tom Cruise angeht.
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Würg!
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Hab ich wirklich soviel Kartoffelsalat gegessen,
wie da auf den Boden vor mir liegt ???....
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- SB
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© Stefan Böhm
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